Die Klägerin – Arbeitnehmerin in einem Krankenhaus – ist einschließlich ihrer Ausbildungszeit knapp 23 Jahre bei ihrer Arbeitgeberin (Beklagte) beschäftigt und ordentlich unkündbar. Die Beklagte lagerte im Pausenraum regelmäßig belegte Brötchen, welche für externe Mitarbeiter bestimmt waren. An einem Morgen ihrer Frühschicht begab sich die Klägerin in diesen Pausenraum, entnahm 8 Brötchenhälften und nahm sie mit in ihren Pausenraum. Es folgte die Kündigung wegen halber Brötchen.

Betriebsrat widersprach der Kündigung wegen halber Brötchen

Die Brötchen wurden von den Arbeitskollegen der Klägerin gegessen. Sie selbst aß zumindest eine Hälfte. Die Beklagte kündigte der Klägerin daraufhin außerordentlich fristlos, hilfsweise außerordentlich mit einer Auslauffrist. Der Betriebsrat wurde zuvor angehört. Allerdings widersprach er der außerordentlichen Kündigung des Arbeitsvertrages.

Gericht: Abmahnung der Arbeitnemerin angemessen, Kündigung überzogen

Die Entwendung geringwertiger Sachen kann zwar grundsätzlich eine fristlose Kündigung des Arbeitsvertrages durch den Arbeitgeber rechtfertigen. Auch bei Handlungen, die gegen das Eigentum des Arbeitgebers gerichtet sind, ist eine Abmahnung aber nicht grundsätzlich entbehrlich. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung sei der Zweck einer Kündigung nicht die Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Man spricht von einer Bagatellkündigung.

Bagatellkündigung ohne Abmahnung nur in Ausnahmefällen

Zu prüfen ist deshalb, ob durch eine Abmahnung verloren gegangenes Vertrauen wieder hergestellt werden könne. Zugunsten der Arbeitnehmerin sei zu berücksichtigen, ob die Pflichtverletzung offen oder heimlich erfolgt war und wie die Arbeitnehmerin mit den Vorwürfen umgeht. Von Bedeutung ist auch das bereits seit langer Zeit bestehende Arbeitsverhältnis, das ohne weitere Beanstandungen verlief. Eine Abmahnung als milderes Mittel sei vorliegend ausreichend gewesen, um das zerstörte Vertrauen wieder herzustellen (Arbeitsgericht Hamburg, Urteil vom 10.07.2015, 27 Ca 87/15).

Wann wird eine Kündigung als fristlos bezeichnet?

Bei einer fristlosen Kündigung, wird die vorgeschriebene Kündigungsfrist durch den Kündigenden nicht eingehalten. Da dies für den gekündigten immer eine besondere Härte darstellt, ist die fristlose Kündigung nur unter besonderen Voraussetzungen und in Ausnahmefällen möglich. Die fristlose Kündigung ist immer zugleich eine außerordentliche Kündigung. Eine außerordentliche Kündigung ist aber nicht immer eine fristlose Kündigung.

Die außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist

Möglich ist auch der Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung unter Einhaltung der Kündigungsfrist. Dies ist die sogenannte außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass in Fällen, in denen eine ordentliche Kündigung ausgeschlossen ist, gleichwohl eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist in Betracht kommt. Das ist dann der Fall, wenn der Arbeitgeber wegen des tariflichen Ausschlusses der ordentlichen Kündigung gezwungen wäre, für Jahre an einem sinnentleerten Arbeitsverhältnis festzuhalten und dieser Umstand einen wichtigen Grund nach den Maßstäben der fristlosen Kündigung darstellt.

Ein sinnentleertes Arbeitsverhältnis liegt etwa vor, wenn auf Grund einer unternehmerischen Gestaltung keine Möglichkeit vorliegt, den Arbeitnehmer sinnvoll zu beschäftigen. Diese Kündigungsmöglichkeit gilt deshalb nur für betriebsbedingte und personenbedingte Gründe. Bei einer verhaltensbedingten Kündigung wie im vorliegenden Fall, kommt eine außerordentliche Kündigung mit Auslauffrist nicht in Betracht. Dies würde zu einer Benachteiligung von unkündbaren Arbeitnehmern führen.