Bei den Nachlassverbindlichkeiten unterscheidet man zwischen Erblasserschulden und Erbfallschulden. Im ersten Fall handelt es sich um Schulden, die bereits zu Lebzeiten des Verstorbenen bestanden haben und dieser selbst verursacht hat. Dies sind beispielsweise Steuerschulden oder Verpflichtungen aus Kauf-und Mietverträgen. Die Erbfallschulden dagegen kommen durch den Erbfall selbst zustande; hiermit sind Pflichtanteilsansprüche gemeint sowie Erbschaftsverwaltungskosten, Erbschaftssteuer, Beerdigungskosten. Auch Vermächtnisse und Auflagen, die sich aus dem Testament oder dem Erbvertrag ergeben, zählen zu den Verbindlichkeiten (§§ 1967-1969 BGB).

Achtung: Wenn Sie sicher sind, dass der Erblasser verschuldet ist, sollten Sie die Frist zur Ausschlagung der Erbschaft beachten.

Erbenhaftung für Erbfallschulden

Der Erbe übernimmt alle Rechte wie auch Pflichten des Verstorbenen. Dies können Unterhaltszahlungen an Familienangehörige aus dem Haushalt des Erblassers sein, die für dreißig Tage gezahlt werden müssen. Zählt eine werdende Mutter zu den Hinterbliebenen des Erblassers, muss der Erbe anstelle des Erblassers Unterhaltszahlungen leisten. Mit der Annahme der Erbschaft wird der Hinterbliebene auch für weitere Nachlassverbindlichkeiten haftbar gemacht, so auch für Kosten, die sich aus Pflichtteilsansprüchen ergeben.

  • Dies ist dann der Fall, wenn eine vom Testament ausgeschlossene Person ihren Pflichtteilsanspruch geltend macht. Diese Ansprüche müssen durch die Miterben getragen werden und erhöhen folglich die Erbfallschulden. Das gilt auch für Pflichtteilsergänzungsansprüche.
  • Auch Auflagen im Testament können Erbfallschulden verursachen. Wenn der Erblasser beispielsweise bestimmt, dass ein Haustier versorgt oder ein Verein mit regelmäßigen Spenden unterstützt werden soll.
  • Nicht zuletzt zählt die Erbschaftssteuer zu den Nachlassverbindlichkeiten, die der Erbe bedenken muss. Das wird insbesondere in Fällen wichtig, in denen der Erbe keine hohen Freibeträge geltend machen kann.
  • Nachlasskostenschulden oder auch Erbschaftsverwaltungsschulden sind eine Untergruppe der Erbfallschulden. Hierunter fallen alle Aufwendungen, die mit der Verwaltung des Erbes zu tun haben. Wenn beispielsweise ein Nachlassverwalter oder ein Nachlasspfleger eingeschaltet wird, sind diese Kosten von den Erben zu tragen.

Sonderfall Beerdigung

Auch die Kosten für die Beerdigung zählen zu den Erbfallschulden. Hier gibt es zunächst die Besonderheit, dass oft zum Zeitpunkt der Beisetzung die Erben noch gar nicht abschließend ermittelt wurden. Insbesondere, wenn ein Testament noch eröffnet werden muss. Insofern sind es oft Angehörige oder Lebenspartner oder enge Freunde, die die Beerdigung organisieren und bezahlen. In den meisten Bundesländern gelten darüber hinaus Bestattungsgesetze, die regeln, wer Bestattungspflichtig ist, falls niemand “freiwillig” die Bestattung veranlasst. Immer gilt jedoch: Sobald der Erbe feststeht, muss er die Kosten erstatten. 

Nun können diese Kosten aber sehr stark variieren, je nach Art der Ausrichtung. Daher kommt es darüber auch häufig zum Streit. Nicht immer ist eine Erbengemeinschaft sich darüber einig, wieviel man für die Bestattungsart, Trauerfeier oder die Todesanzeigen ausgeben sollte. Zu bedenken ist darüber hinaus, dass die nahen Angehörigen und die Erbe nicht zwingend personengleich sein müssen. Muss der Erbe also alle Wünsche erfüllen, die die nächsten Verwandten an die Beisetzung haben? Früher sprach der Gesetzgeber von den Kosten für ein “standesgemäßes” Begräbnis. Dieser Begriff wird heute zwar nicht mehr benutzt, aber im Kern weiterhin angewendet.

Im Ergebnis ist immer der Einzelfall zu prüfen. Je nachdem, welche Lebensstellung der Verstorbene hatte und was in seinen Kreisen Sitte ist. Der Umfang der Kosten hängt weiterhin von den näheren Umständen ab. Wenn eine Grabstätte angelegt wird, gehört ein Grabstein, ebenso wie die Erstbepflanzung zu den Beerdigungskosten, nicht aber eine dauerhafte Pflege des Grabes. Todesanzeigen, Danksagungsschreiben und das Leichenmahl werden ebenfalls üblicherweise von der Rechtsprechung anerkannt. Reisekosten von Angehörigen muss der Erbe allerdings nicht übernehmen.

Wann ist es sinnvoll, ein Erbe auszuschlagen?

Einer der Hauptgründe das Erbe auszuschlagen ist für viele Hinterbliebene ein überschuldeter Nachlass. Vor allem dann, wenn die Schulden mit dem geerbten Vermögen nicht zu tilgen sind oder hiernach kein Vermögen mehr übrig wäre. In diesem Fall ist es sinnvoll, das Erbe nicht anzutreten, zumal der Erbe mit seinem Privatvermögen dafür haftet! Weitere Gründe könnten sein, dass die geerbte Immobilie stark sanierungsbedürftig ist und hierfür hohe Kosten für den Erben anstünden.

Laut Bürgerlichem Gesetzbuch darf in Deutschland jeder sein Erbe ausschlagen (§§ 1942 BGB). Wenn nach gründlicher Prüfung sämtlicher Vermögenwerte die Schulden überwiegen, sollte darüber nachgedacht werden. Aber aufgepasst: Banken fordern für Auskünfte über die finanziellen Verhältnisse des Verstorbenen einen Erbschein. Wird dieser beantragt, gilt dies als Einwilligung das Erbe anzutreten! Nach einem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 08.10.2013 (Az. XI ZR 401/12) ist es aber ausreichend, mit der Sterbeurkunde und anhand des Stammbuchs die Erbberechtigung nachzuweisen.

Welche Alternativen gibt es zur Erbausschlagung

Wenn Sie das Erbe ausschlagen, haben Sie keinerlei Zugriff mehr auf die Nachlassgegenstände. Selbst Dinge, die nur einen Erinnerungswert haben, wie Fotos, dürfen Sie – rein rechtlich gesehen – nicht für sich behalten. Wenn der Nachlass erkennbar überschuldet ist, dann besteht für den Erben die Möglichkeit beim Nachlassgericht die Nachlassinsolvenz zu beantragen. Hierdurch verhindert der Erbe, dass Gläubiger auf sein Privatvermögen zugreifen können. Gleichzeitig behält er aber die Erbenstellung und kann (wertlose) Erinnerungsstücke behalten.

Voraussetzung ist aber, dass die Kosten des Verfahrens noch aus dem Nachlass bezahlt werden können. Liegen die Voraussetzungen vor, wird ein Nachlassinsolvenzverwalter bestellt. Falls die Kosten für das Insolvenzverfahren nicht aus dem Nachlass entnommen werden können, wird damit die “Dürftigkeit” des Nachlasses belegt. Sollten sich nachträglich Gläubiger an den Erben wenden, kann dieser den Beschluss vorlegen und die Dürftigkeitseinrede erheben.

Keinen Überblick? Dreimonatseinrede!

Für den oder die potentiellen Erben ist es manchmal nicht leicht, sich schnell einen Überblick über die Vermögensverhältnisse zu verschaffen. Insbesondere, wenn der Erblasser zwar verschuldet war, aber trotzdem noch über Vermögenswerte verfügt hat, kann es einige Zeit beanspruchen den Nachlass zu ordnen. Erst nach Sichtung aller Unterlagen, kann man in der Regel entscheiden, ob eine Nachlassverwaltung angezeigt ist oder ob man die Verbindlichkeiten der Gläubiger erfüllen kann. Die Dreimonatsfrist beginnt mit Annahme der Erbschaft, also in der Regel spätestens mit Ablauf der sechswöchigen Erbausschlagungsfrist.